Irgendwann bekommt jede weiße Weste einmal ihre ersten Flecken. Das liegt einfach am Gesetz der Serie. Denn Polen ist gewiss kein Gegner, der im Vorbeigehen geschlagen wird. Und dass Deutschlands Fußballnationalmannschaft in 18 Duellen mit dem Nachbarn überhaupt noch nie verloren hatte, ist schon aller Ehren wert. Schließlich besaß Polen in den 70er Jahren eine richtig starke Truppe. Die polnische Mannschaft anno 2014 war es allerdings vorbehalten, sich in die Fußball-Geschichtsbücher einzutragen. Ihr gelang der erste Sieg überhaupt gegen eine deutsche Auswahl.
Warschau. Jetzt hat es auch die deutsche Nationalmannschaft erwischt. Am zweiten Spieltag der Gruppe D in der EM-Qualifikation verlor das DFB-Team mit 0:2 (0:0) sein Match in Polen. Unverdient – meinten hinterher viele Experten und begründeten dies mit der unzureichenden Chancenverwertung. Die war in der Tat nicht prickelnd. Verdient – meinen wir. Denn Deutschland schaffte es eben auch nicht, die taktisch glänzend eingestellten Polen zu überwinden und aus dem zwischenzeitlichen Druck noch mehr Hochkaräter zu kreieren, den Treffer quasi zu erzwingen. Da fehlte etwas. Die absolute Gier. Die Panik wiederum in Bezug auf die zu große Belastung ist indes überflüssig wie ein Kropf. Es ist wie es ist. In anderen Sportarten wird angesichts dieser Debatte bereits wieder ungläubig mit dem Kopf geschüttelt. Denn vor dem Verletzungspech wurde doch auch immer betont, über welch einen exzellenten Kader – auch in der Breite – Joachim Löw verfügen würde.
Beste Möglichkeiten durch Leverkusens Bellarabi
Diese These hatte auch im Nationalstadion in Warschau ihre Berechtigung, wo etwas überraschend Neuling Karim Bellarabi von Bayer Leverkusen den Vorzug vor Lukas Podolski in der Startelf behalten hatte. Und der Debütant machte seine Aufgabe so gut, dass er von den RTL-Zuschauern hinterher gar als bester deutscher Kicker gekürt wurde. Verdientermaßen. Das einzige, was sich auch Bellarabi hinterher vorzuwerfen hatte: Mangels Erfahrung verdattelte er einige Male gute Chancen aus aussichtsreicher Position.
Beide Teams starteten mit dem nötigen Respekt vor ihrem Gegner. Deutschland legte diesen schneller ab. Thomas Müller und Mats Hummels mit einem Kopfball besaßen die ersten Möglichkeiten in der ersten Viertelstunde. Dann kam Karim Bellarabi: Götze hatte geflankt, der Leverkusener setzte das Leder nur knapp neben das polnische Gehäuse – und hatte bis zur Pause noch zwei Mal eine gute Möglichkeit, das 1:0 zu erzielen.
Polen kontert eiskalt, Podolski trifft die Latte
Im zweiten Abschnitt erwischten die gut eingestellten Polen das deutsche Team eiskalt. Einen schnellen Konter schloss der Dortmunder Lukasz Piszczek mit einer Flanke ab, die allerdings auch von Manuel Neuer unterschätzt wurde. Arkadiusz Milik war es egal – er köpfte zur Führung nach 51 Minuten ein. Das wollte sich Deutschland so nicht bieten lassen. Wieder war es Bellarabi, der in der 68. Minute hätte das 1:1 machen müssen, es frei vor dem polnischen Tor aber nicht tat. Löw reagierte (zu spät), brachte mit Lukas Podolski für einen schwachen Andre Schürrle frischen Wind ins Spiel.
Podolski war es dann auch, der mit einem tollen Schuss in der 80. Minute nur den Querbalken traf. Das hätte der verdiente Ausgleich sein können. Und weil Deutschland offenbar nicht wollte, besorgte den zweiten Treffer des Abends eben Polen. Robert Lewandowski legte für den eingewechselten Mila in der 88. Minute mustergültig auf. Der verwertete diese Chance zur 2:0-Entscheidung. Das deutsche Team war geschlagen – zum ersten Mal in einem Qualifikationspiel seit sieben Jahren, zum ersten Mal überhaupt gegen Polen.