Hinterher blieb ausreichend Raum für Spekulationen. Jedenfalls weitaus mehr, als Georgien in den 90 Minuten zuvor der deutschen Nationalmannschaft vor dem eigenen Raum gelassen hatte. War der Bundestrainer tatsächlich so „sehr zufrieden mit der ersten Hälfte“ wie Joachim Löw später zu Protokoll gab? Oder war es doch nur das Pokerface, das er aufsetzte, um sein Team ein wenig vor zu großer Kritik zu schützen? Löw war jedenfalls schlau genau, um zu wissen, dass in ein paar Tagen kein Mensch mehr von diesem Kick sprechen wird. Was zählte, waren einzig und alleine drei Punkte.
Tiflis. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat ihre Pflichtaufgabe in der EM-Qualifikation in Georgien erfüllt, siegte im Stadion Boris Paichadze in Tiflis vor knapp 55.000 Zuschauern mit 2:0 (2:0). Das musste am Sonntagabend als positive Nachricht reichen. „Nach der Pause haben wir das Spiel dann zu sehr verwaltet“, fiel die Kritik des Bundestrainers recht spärlich aus. „Da haben wir wieder die ein oder andere Chance liegengelassen.“ Zu ergänzen wäre allerdings: Das DFB-Team hätte gerne auch die ein oder andere Chance mehr kreieren dürfen. Als reichten fünf besonders starke Minuten kurz vor der Pause, um den ungefährdeten Sieg herauszuarbeiten.
Reus und Müller entscheiden die Partie
Auf den ersten Treffer mussten die deutschen Fans bis kurz vor der Pause warten. Da tankte sich Mario Götze mit Glück und Geschick gegen vier Georgier durch und schaffte es auch noch, das Leder entscheidend auf Marco Reus durchzustecken. Der BVB-Kicker ließ sich diese Gelegenheit nicht nehmen und vollendete zur 1:0-Führung (39.). Ein wenig Glück, jenes des Tüchtigen, war also schon dabei. Ähnlich wie beim 2:0, das nur fünf Minuten später fallen sollte. Da probierte es Thomas Müller von der Strafraumkante, sein Schuss wurde leicht abgefälscht, Keeper Giorgi Loria ein wenig auf dem falschen Fuß erwischt, Tor! Und damit waren auch die letzten Zweifel beseitigt. Deutschland würde dieses Spiel gewinnen, komme, was wolle in Halbzeit zwei.
Zwei Mal Querbalken, danach nur noch wenig
Nun – es kam leider nicht mehr ganz so viel. Georgien durfte sich später lobende Worte anhören, denn den Hausherren war es gelungen, dem Weltmeister auch ein wenig den Spaß an diesem Match zu rauben. Das hörte sich anschließend etwa so an: „Es ist schwer gegen eine Mannschaft, die so tief steht“, gab Kapitän Bastian Schweinsteiger zu Protokoll. Teamkamerad Thomas Müller ergänzte: „Es war nicht ganz so leicht, die letzten Pässe zu spielen“ und brachte die 90 Minuten danach perfekt auf den Punkt: Es sei noch „Luft nach oben“ da. Wäre ja auch traurig, wenn nicht. Zumindest der erste Durchgang entschädigte etwas, als Deutschland noch spielfreudig die eine oder andere Möglichkeit kreierte. So wie die von Marco Reus, der nach fünf Minuten nur den Querbalken traf, auch weil Loria noch mit den Fingern am Ball war. Zu genau machte es der Dotmunder auch nach dem Seitenwechsel noch ein Mal, als er auch nach 60 Minuten nur die Latte traf.
Deutschland rückt Polen auf die Pelle
Was hingegen nicht so gut aus sah: Georgien, das in der gesamten EM-Qualifikation bisher so gut wie noch gar nicht aufs gegnerische Tor geschossen hatte, die Partie gegen Gibraltar einmal ausgeklammert, gelang der eine oder andere Angriff – wieder ohne echten Abschluss, doch wirkte die DFB-Defensive da das eine oder andere Mal auch unsicher, nicht abgestimmt genug, ja wackelig. Also lassen wir abschließend den Bundestrainer sprechen: „Der Ernst der Lage war ja nicht zu übersehen, wenn man vor dem Spiel auf die Tabelle geschaut hat.“ Wenn man jetzt auf die Tabelle der Gruppe D in der EM-Qualifikation schaut, stellen deutsche Fans fest: Eng geht es da immer noch zu. Aber Deutschland hat dank des späten Ausgleichs der Iren sogar zwei Punkte auf Polen aufgeholt. Zumindest darüber wurde nicht spekuliert.