Joachim Löw kennt den Schwarzwald ganz genau. Das ließ er die georgischen Journalisten auch auf der Pressekonferenz vor dem wichtigen Spiel in der EM-Qualifikation wissen: „In meiner Heimatstadt Freiburg haben viele Georgier gespielt: Iaschwili, Kobiaschwili, Tschikitschwili“, berichtete Löw. Dann fügte er grinsend hinzu: „Und Tobias Willi – auch wenn der Deutscher ist.“ Die Lacher hatte der Bundestrainer damit schon mal auf seiner Seite. Die Frage ist nur: Wie sieht das mit den Punkten aus nach 90 Minuten in Tiflis?
Tiflis. Für die deutsche Nationalmannschaft zählt am fünften Spieltag in der Gruppe D einzig und alleine ein Sieg. In Georgien ist die DFB-Auswahl haushoher Favorit. Doch im ausverkauften Stadion Boris Paichadze warten heute ab 18 Uhr auch 50.000 georgische Fans, die im Spiel des Lebens gegen den Weltmeister ihr Team nach vorne peitschen werden. Davon darf sich die deutsche Mannschaft nicht beeindrucken lassen. Es gilt im Zweifel, die Ruhe zu bewahren, weil Patzer nicht erlaubt sind. Zu eng geht es in dieser Gruppe zu, wo Polen, Irland und Schottland ebenfalls eine gute Rolle spielen.
Vor dem Anpfiff: Drei Punkte – ohne Wenn und Aber
Die Gruppe D in der EM-Qualifikation ist eine der spannendsten in der gesamten Quali. Warum? Weil zwischen dem Spitzenreiter und Platz vier lediglich drei Punkte liegen. Doch wenn der fünfte Spieltag heute Abend absolviert ist, die Hälfte der EM-Quali damit gespielt, könnte sich die Lage noch dramatischer gestalten. Möglich ist folgendes Szenario: Schottland gewinnt gegen Gibraltar. Alles andere wäre ein Fußball-Wunder. Deutschland gewinnt in Georgien. Auch hier wäre jeder andere Ausgang eine faustdicke Überraschung. Bliebe noch Irland. Wenn die Boys in Green in Dublin ihren Heimvorteil nutzen und Spitzenreiter Polen besiegen, dann ergibt dies folgende Konstellation: Dieses Quartett kommt geschlossen auf zehn Zähler. Und wir erinnern uns: Nach Frankreich zur Euro 2016 fahren nur die ersten beiden Teams sicher. Der Dritte kann sich noch über die Play-offs qualifizieren. Der Vierte wäre ausgeschieden, kann für 2016 im Juni Urlaub buchen.
Theoretisch kann es also die deutsche Nationalmannschaft treffen. Parolen wie „Bloß kein Ausrutscher!“ sind keine Floskeln. Dies ist keine gewöhnliche EM-Qualifikation. Die DFB-Elf muss noch nach Irland, ebenso nach Schottland reisen. Da kann schnell auch mal ein Unentschieden passieren, vielleicht sogar eine unglückliche Niederlage. Deswegen ist es Fakt: Georgien spielt das Zünglein an der Waage. Wer gegen dieses Team patzt, verliert entscheidend gegenüber der Konkurrenz an Boden. Den Iren wäre es fast bei ihrem Gastspiel in Osteuropa so ergangen, doch sie gewannen noch mit Ach und Krach in der Schlussminute 2:1. Es verwundert also nicht, wenn Bundestrainer Joachim Löw die Offensive sucht: „ Unser Anspruch ist nicht, in dieser Gruppe nur mitzuschwimmen. Unser Anspruch heißt, die Gruppe zu gewinnen.“ Sagt er – und weiß insgeheim, dass in dieser Gruppe D der EM-Quali noch so manche Gefahr lauert.
Georgien – Deutschland: Die voraussichtlichen Aufstellungen
Georgien: Loria – Amisulashvili, Kverkvelia, G. Kashia – Kobakhidze, Navalovsky – Kankava, Makharadze – Okriashvili, Kenia – Mchedlidze – Trainer: Tskhadadze.
Deutschland: Neuer – Mustafi, J. Boateng, Hummels – Schweinsteiger – T. Müller, T. Kroos, Özil, Hector – M. Götze, Reus – Trainer: Löw.
Karim Bellarabi plagt ein grippaler Infekt, weswegen er am Match in Tiflis nicht teilnehmen kann. Der Leverkusener war zuletzt fester Bestandteil der Startformation gewesen. Ein erster kleiner Rückschritt also für den Bayer-Kicker. Ebenfalls nicht mit dabei ist Holger Badstuber, der gegen Australien gerade erst sein Comeback gefeiert hatte. Er fällt wegen Hüftproblemen aus. Manuel Neuer rückt wie geplant wieder zwischen die Pfosten. Auch Kapitän Bastian Schweinsteiger wird nach einer Pause wieder mitwirken. In vorderster Front werden wohl die beiden Kumpel Mario Götze und Marco Reus nominiert.
Schiedsrichter: Clement Turpin aus Frankreich.
Anpfiff: Sonntag, 29. März 2015, 18 Uhr.
Austragungsort: Stadion Boris Paichadze in Tiflis.
Georgien – Deutschland in der Statistik
Drei Mal traf die DFB-Auswahl schon auf Georgien, drei Mal gab sie sich keine Blöße. In der EM-Quali zur Euro 1996 in England, die Deutschland bekanntlich gewann, schlug Deutschland Georgien zu Hause mit 4:1 und auswärts mit 2:0. 2:0 lautete auch der Endstand im bisher letzten Vergleich zwischen diesen beiden Ländern. Im Oktober 2006 trafen die sich in Rostock. Die Tore erzielten Bastian Schweinsteiger, der Deutschland heute als Kapitän auf den Rasen führen wird, und Michael Ballack, der damalige Spielführer. Notizen am Rande: Georgiens Coach hieß damals Klaus Toppmöller. Und aus dem aktuellen deutschen Kader war auch schon Lukas Podolski dabei. Der sah damals kurz nach der Pause die Rote Karte und musste vorzeitig duschen.
Georgien gegen Deutschland live im TV
Im Gegensatz zum Testspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Australien, das vom ZDF übertragen wurde, liegen in der EM-Qualifikation die Übertragungsrechte bei RTL. Der Kölner Privatsender startet seine Berichterstattung schon um 17 Uhr mit Moderator Florian König und Experte Jens Lehmann. Kommentiert wird die Partie dann ab 18 Uhr von Marco Hagemann. Ab 19.55 Uhr meldet sich das RTL-Studio dann zurück mit Analysen und ersten Zusammenfassungen anderer Spiele. Sendeschluss ist um 20.30 Uhr.